Evangelische Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung
15. Juli 2024 | Evangelische Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung

„Menschenrechte – (Nicht) verhandelbar?!“

Workshopwoche der et in Bad Herrenalb


Wie kann politische Bildung für, mit und durch Menschenrechte gestaltet werden? Auf der Workshopwoche der Referent*innen für politische Jugendbildung der Evangelischen Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung (et) wurde dieser Frage nachgegangen. Dazu boten die örtliche Nähe zu Karlsruhe mit dem Bundesverfassungsgericht, das Jubiläum des Grundgesetzes und die jüngst vergangene Europawahl einen passenden Rahmen.

Zu der Frage, wann und wie politische Bildung Menschenrechtsbildung ist, arbeitete das Netzwerk der et mit Hilfe von Impulsen einer juristischen Perspektive sowie im Rahmen der Methode Planspiel. Das Planspiel „Menschenrechte auf dem Mittelmeer – Eine Patenschaft für die zivile Seenotrettung“, entstanden aus einer Kooperation von planpolitik und der Initiative #freiundgleich der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) und brachte dabei den Praxisimpuls.

Klassisch für ein Planspiel ist eine Einstiegsgeschichte, die in einer Frage mündet und zu der eine Lösung gefunden werden muss. Dazu bekommen die Spielenden Rollen zugelost, die einer bestimmten Position zum Thema entsprechen. Sie agieren gemeinsam je aus ihren Rollen und versuchen ein Ergebnis zu erzielen. Besonders spannend daran ist, eine Position einzunehmen, die der persönlichen unter Umständen nicht entspricht, und aus ihr zu handeln. In der Reflexion können dann die Erfahrungen aus genau dieser Perspektivübernahme ausgewertet werden. Anschließend wurde diskutiert, wann und wie die Methode Planspiel besonders wirkungsvoll in der politischen Bildung ist. Um einen Einblick in weitere Projekte der Initiative und in Vorhaben der EKD zum Thema Menschenrechte zu bekommen, fand ein Zoomgespräch mit zwei Kolleg*innen von #freiundgleich statt. Neben dem inhaltlichen Austausch diente das Gespräch zur stärkeren innerkirchlichen Vernetzung.

Selbstevaluation – Ein Blick zurück in 2023

Neben dem inhaltlichen Schwerpunkt ist die Workshopwoche der et ein Ort, an dem Themen verhandelt werden, die das gesamte Netzwerk betreffen, die von der Jahreskonferenz als Diskussionspunkte festgehalten werden und die Arbeitsphasen für Arbeitsgruppen ermöglicht. So fand eine Präsentation der Ergebnisse der Veranstaltungsevaluationen aus 2023 statt, die mit den Kernfragen nach Herausforderungen und Ideen zur Teilnehmendengewinnung, Gelingensbedingungen für Veranstaltungen und die Erreichung von jüngeren Teilnehmenden besonders aus unterschiedlichen Schulformen diskutiert wurden.

Prävention sexualisierter Gewalt – Fokus auf Machtkritik

Nicht zuletzt auf der Jahreskonferenz sprachen sich die Jugendbildungsreferent*innen dafür aus, die Ergebnisse der im Januar 2024 erschienenen ForuM-Studie des Foruschungsverbdunds „Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland“ zu diskutieren. Ein Ergebnis aus der Diskussion ist die Vertiefung mit der Auseinandersetzung machtkritischer Fragen in und mit der Bildungsarbeit und damit einhergehend die Reflexion von Macht, Machtverteilung und -ausübung in der politischen Jugendbildung. Ein weiterer Schritt ist, auf der Homepage der Evangelischen Trägergruppe Informationen zu weiterführenden Seiten sowie Erkenntnisse aus der Praxis politischer Bildung aufzunehmen.

Sozial-ökologische Transformation – Kernkonflikte

In der Weiterarbeit des auf der Jahreskonferenz gewählten Jahresthemas „sozial-ökologische Transformation“ mit Fokus auf Gerechtigkeitsfragen wurden insbesondere die Kernkonflikte diskutiert, die in geplanten Veranstaltungen verhandelt werden. Aufgezeigt wurde dabei das Spannungsfeld der Verantwortung zwischen Individuum und strukturellen Bedingungen, die Betroffenheit von weniger sichtbaren Gruppen in der Gesellschaft, die Frage nach dem Handlungsdruck neben anderen dringlichen Themen ebenso wie Glaubenssätze des guten Wissens im Verhältnis zum tatsächlichen Handeln. Ergebnisse, wie Methoden, Blogbeiträge, Veranstaltungen oder weitere Publikationen werden auf der et-Homepage im Schaufenster sozial-ökologische Transformation ab Herbst gesammelt aufrufbar sein.

Arbeitsgruppen – Regionalteams und Innovationsgruppen

Das Netzwerk der et ist in vier Regionalgruppen, orientiert an den regionalen Bezügen der jeweiligen bundesweiten Standorte, aufgeteilt. Sie bieten einen kollegialen Austauschraum, dienen als Vernetzungselement unter den Kolleg*innen und ermöglichen regionale Kooperationen. So hat das Regionalteam Ost das Projekt „Alternativlos Unterschiedlich“ vorgestellt, das Regionalteam Nord entwickelt ein Projekt mit Fokus auf Stadt-Land-Entwicklung, das Regionalteam West entwickelt eine Methode zur Real-Life-Stories und das Regionalteam Süd verhandelte gelingende Beispiele für Gedenkstättenfahrten.

Einen weiteren Arbeitszusammenhang bilden sogenannte Innovationsgruppen. Diese sind Projektgruppen, die zeitlich begrenzt zu einem Thema arbeiten. Die beiden aktuell eingesetzten Innovationsgruppen tagten im Anschluss an die Workshopwoche. Die Innovationsgruppe „Verschwörungserzählungen“ entwickelte ihre Methode „Mission Ganymed“ weiter, welche mittlerweile durch den digital-Innovationsfonds der EKD maßgeblich gefördert und in der digitalen Ausgestaltung durch Playing History begleitet wird. „Mission Ganymed“ ist eine digitale Methode zu Verschwörungen im Umweltbereich. Die zweite Innovationsgruppe, „Digitale Mündigkeit“, traf sich zu ihrer abschließenden Sitzung. Sie entwickelte die Methoden „UNBOX IT! 7 Methoden zur digitalen Selbstbestimmung“, deren Handbuch im Herbst veröffentlicht wird.

Neben den inhaltlichen Themen wurde in schöner Atmosphäre ein Gottesdienst in der Krypta der Karlsruher Stadtkirche gefeiert. Anschließend lud die Dachterrasse der Kirche zum Sundowner mit Blick über Karlsruhe und vom Schwarzwald bis zum Pfälzer Wald ein. Die Zwischenzeiten aber auch Abende wurden für viele Gespräche mit den Kolleg*innen genutzt. Die Workshopwoche gab vielen Schwung und Inspiration für die letzten Wochen vor der Sommerpause.

Kontakt: Annika Gramoll